„Jagd ist nicht mehr zeitgemäß. Jagd ist Tierquälerei. Jagd gehört gesetzlich verboten.“ Mit derartigen Aussagen und Forderungen von jagdkritischen Personen, Vereinen, aber auch vereinzelt politischen Parteien, wird die Jägerschaft immer öfter konfrontiert. Eine sachliche Diskussion darüber wird oft gar nicht zugelassen. Welche Berechtigung haben derartige Aussagen tatsächlich?

Richtig ist sicher, dass die Jagd in unseren Breiten zur Nahrungsbeschaffung nicht erforderlich ist. Auch die oft ins Treffen geführte „Tradition der Jagd“ ist aufgrund der geänderten Wertevorstellungen der Gesellschaft kein (ausreichendes) Argument mehr, das Töten von Tieren zu rechtfertigen. Jagd ist aber (und war auch es schon immer) viel mehr, als das bloße Erlegen von Wild. Die Aufgaben eines Jägers gehen weit darüber hinaus. „Jäger sind Heger“ – dieser Satz beinhaltet mehr, als den Versuch, die Jagd heute mit einer einfachen Phrase zu rechtfertigen. Jagd und Hege gehören untrennbar zusammen – Hege ist Teil der Jagd. Jagd und Hege haben das (gesetzlich auch verankerte) Ziel, einen den Verhältnissen des Lebensraumes angepassten, artenreichen und gesunden Wildbestand zu erhalten und zu entwickeln.

Niemand wird bestreiten können, dass sich der Lebensraum des Wildes und unsere gesamte Landschaft in den letzten Jahren und Jahrzehnten massiv verändert hat. Flurzusammenlegungen und moderne landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmethoden führten zum Entfall zahlreicher Äsungsflächen, Einstands- und Deckungszonen sowie Setz- und Nistplätzen. Betriebsansiedelungen auf der „grünen Wiese“, Straßen-, Wege- und Siedlungsbau bewirkten ein weiteres Zurückdrängen unseres Wildes in die verbleibenden Waldflächen. Aber auch dort bekommt es „Konkurrenz“ von Menschen, die Erholung suchen oder ihren sportlichen Aktivitäten nachgehen. Auf die Bedürfnisse des Wildes wird dabei in den seltensten Fällen Rücksicht genommen. Naturlandschaft wurde zur Kulturlandschaft, in der leider für unser Wild nicht überall mehr ausreichend Platz ist. Aus tagaktiven Tieren werden zunehmends dämmerungs- und nachtaktive Tiere. Wen wundert es also, wenn man tagsüber immer seltener Rehe, Fasane oder Hasen sieht.

Stressbedingte Verbiss- und Fegeschäden an jungen Bäumen in den Wäldern und an Pflanzen in Haus- und Ziergärten sind Folgen dieser Zurückdrängung. Verkehrsunfälle mit Rehen, die in der Nacht hochflüchtig von der Wiese über Straße in den Wald wechseln, sind ebenso zu einem nicht unerheblichen Ausmaß darauf zurückzuführen. Über 7000 Unfälle mit Rehwild jährlich auf steirischen Straßen sprechen eine deutliche Sprache.

Es ist nun die Aufgabe der Jagd, in dieser geänderten Landschaft dafür zu sorgen, dass neben diesen durchaus berechtigten Nutzungen durch den Menschen, auch die Interessen des Wildes berücksichtigt werden. Von der Bevölkerung oft unbemerkt oder zumindest für einen Großteil nicht auf den ersten Blick erkennbar, sorgt der Jäger durch Anlegen von Wildäckern und Dauergrünflächen für eine Verbesserung des Äsungsangebotes in unserer durch Monokultur geprägten Landschaft. Hecken, die in Abstimmung mit den Landwirten angelegt werden, bedeuten Lebensraum für viele heimische Wildarten, sowie Klein- und Kleinstlebewesen. Artgerechte Fütterungen sichern dem Wild in der Notzeit das Überleben.

In Form zahlreicher Projekte, unter anderem auch mit dem Land Steiermark, versuchen unsere Jäger durch Wildwarnreflektoren und ökologische Begleitmaßnahmen Wildunfälle zu vermindern und dadurch die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Die nachhaltige Sicherung einer angepassten Wildpopulation erfordert aber nicht zuletzt auch eine geordnete Regulierung des Wildbestandes. Wild wird weder zahl- noch wahllos vom Jäger geschossen. Die Erlegung von Rehen erfolgt ganz exakt nach einem behördlich genehmigten Abschussplan, der zuvor in Abstimmung mit der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft ausgearbeitet wurde und den Interessen der Land- und Forstwirtschaft Rechnung trägt. Gerade Rehwild würde sich sonst als sogenannter „Kulturfolger“ unverhältnismäßig zum verfügbaren Lebensraum vermehren. Seuchen und Wildkrankheiten würden nicht nur unser Wild bedrohen, sondern würden, wie zum Beispiel die Tollwut, auch eine Gefahr für Haustiere und Menschen darstellen.

Andererseits sorgt der Jäger aber auch dafür, dass rückläufige Tierarten, wie zum Beispiel der Fasan, erhalten bleiben. Auswilderungen, Maßnahmen zur Biotopverbesserung und Fütterungen dienen nicht dazu, die Jagdstrecke zu erhöhen, sondern sollen diese Tierart, die bereits seit dem Mittelalter in Österreich heimisch ist, in ihrem Bestand sichern, der durch zerstörten Lebensraum bereits gefährdet ist.

Auch wenn – wie eingangs erwähnt – die Jagd heute zur Nahrungsbeschaffung nicht mehr notwendig wäre, darf nicht übersehen werden, dass Wildbret zu den hochwertigsten Nahrungsmitteln zählt, die uns die Natur bieten kann. Es gehört zu den eiweißreichsten Fleischarten und weist einen äußert geringen Fettanteil auf. Gerade in unserer Zeit, in der oft und viel über gesunde Ernährung geredet und geschrieben wird, sollte auch in diesem Zusammenhang unserem Wild – nicht nur während der Wildbretwochen im Herbst – mehr Augenmerk gewidmet werden.

Die nichtjagende Bevölkerung steht jagdlicher Tradition und jagdlichem Brauchtum oft verständnislos gegenüber. Gerade aber dieses Brauchtum und die Tradition gewährleisten, dass Jagd nicht zur „Schädlingsbekämpfung für die Landwirtschaft“ verkommt. Dafür könnten auch behördlich beauftragte „Schussknechte“ eingesetzt werden. Jagd wäre dann tatsächlich auf bloßes Abschießen reduziert. Nur wenn die Jagd von Personen ausgeübt wird, die eine besondere innere Einstellung zur Natur mit- und eine Leidenschaft für das Wild aufbringen, sich aber auch über einen Jagderfolg freuen können (und dürfen), ist auch für die Zukunft gesichert, dass – und hier schließt sich der Kreis – ein dem Lebensraum angepasster, gesunder Wildbestand bestehen und erhalten bleibt.

Waidgerechte Jagd ist also keine antiquierte „Freizeitbeschäftigung“ einer kleinen Bevölkerungsschicht. Jagd ist nachhaltige Naturnutzung sowie angewandter Tier- und Artenschutz. Sie ist, wenn auch aus anderen Gründen, sinnvoll und notwendig wie eh und je.