Es vergeht leider kein Jagdjahr, ohne dass in den Medien über Jagdunfälle berichtet werden muss. Insbesondere bei Unfällen im Zusammenhang mit Gesellschaftsjagden ermittelt die Polizei und Staatsanwaltschaft aber nicht immer nur gegen den unmittelbaren Schützen, sondern wird auch durchaus kritisch untersucht, ob nicht auch beim Jagdleiter oder der veranstaltenden Jagdgesellschaft ein (Mit)verschulden vorliegt.

„Jäger angeschossen!“, „Wieder Jagdunfall bei Treibjagd in XY!“. Solche oder ähnliche Schlagzeilen haben auch im heurigen Jagdjahr bereits wieder den Weg in die Medien gefunden. Auch wenn es neben der menschlichen Tragödie, die ein derartiger Unfall verursacht, – bei den meisten Jagdunfällen sind Schütze und Opfer meist gut bekannt oder sogar befreundet – fast nebensächlich erscheint, muss dennoch geprüft werden, wen die Verantwortung bei einem Unfall trifft. Dies schon deshalb, um solche Unfälle zukünftig vermeidbarer zu machen.

Dass der Schütze wohl in den allermeisten Fällen die Hauptverantwortung trägt und er dafür sowohl zivil- als auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird, liegt auf der Hand. Gerade aber eine Gesellschaftsjagd ist eine „Veranstaltung“, die – um geordnet und gefahrlos abgehalten werden zu können – ein hohes Maß an Vorbereitung und organisatorischen Aufwand erfordert. Den „Jagdleiter“ trifft dabei – neben seinen übrigen Aufgaben – eine besondere Verantwortung in Bezug auf Sicherheit bei der Jagd, die nicht unterschätzt werden darf. Doch wer ist nun „Jagdleiter“ und welche Aufgaben hat er, insbesondere was die Sicherheit für Treiber und Jagdgäste einer Gesellschaftsjagd betrifft?

Dazu ist ganz grundsätzlich festzuhalten, dass das Steirische Jagdgesetz den Begriff des „Jagdleiters“ nicht kennt. Dieser Begriff kommt im Gesetz nicht vor. Dennoch spricht die Praxis und auch die Judikatur vom Jagdleiter, wenn es darum geht, wer bei einer Gesellschaftsjagd die hauptverantwortliche Person für den geordneten Ablauf der Jagd ist. Jagdleiter ist demnach jeder, der in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion Tätigkeiten für die Jagdgesellschaft oder den Jagdpächter bei einer konkreten Jagd ausübt. Daraus folgt aber auch, dass ein allfälliges Fehlverhalten des Jagdleiters nicht nur ihm selbst anzulasten ist, sondern zivilrechtlich, dh insbesondere im Hinblick auf Schadenersatzforderungen unter Umständen auch der Jagdgesellschaft bzw dem Jagdpächter, die/der den Jagdleiter mit dieser Funktion beauftragt hat.

Die Funktion des Jagdleiters beginnt bereits mit der Begrüßung der Jagdgäste und endet frühestens mit „Jagd vorbei!“. Zu den Aufgaben eines Jagdleiters, deren Verletzung bei Unfällen zu Schadenersatzleistungen verpflichten kann, zählen beispielsweise die folgenden (Aufzählung keinesfalls vollständig und vom Einzelfall abhängig):

  • Überprüfung der Jagdgäste, ob diese eine gültige Jagdkarte mitführen. Die in der Praxis oftmals lediglich oberflächlich getätigte Bemerkung „Haben eh alle die Jagdkarte dabei“, ist sicher zu wenig, wenn ein Unfall dann gerade von jener Person verursacht wurde, die keine Jagdkarte dabei hatte. Die Überprüfung der Jagdkarte ist also keineswegs als Misstrauen oder Schikane zu verstehen, sondern dient dem Schutz der Jagdgesellschaft und des Jagdleiters, aber auch des Jagdgastes, der nämlich ansonsten im Ernstfall keine Versicherungsdeckung hätte. Vorbildlich wäre es geradezu, wenn die teilnehmenden Gäste auf einer Liste vermerkt werden und auf dieser Liste gleichzeitig auch die Überprüfung der Jagdkarte bestätigt wird.
  • Keine Teilnahme von alkoholisierten Personen, und zwar weder als Treiber und schon gar nicht als Jäger. Wird vom Jagdleiter die Alkoholisierung eines Jagdteilnehmers festgestellt, ist dieser aufzufordern, die Jagd zu verlassen.
  • Der Jagdleiter hat allen an der Jagd teilnehmenden Personen vor Beginn der Jagd in eindeutiger Weise alle erforderlichen Anordnungen und speziellen Verhaltensmaßnahmen für einen unfallfreien Ablauf der Jagd zu geben. Dazu zählen insbesondere Belehrungen über
    • die Signale und deren Bedeutung,
    • das Verbot des Verlassens des Standes,
    • das Verbot des „Durchlinierens“,
    • die erlaubten Schussrichtungen,
    • das Herstellen eines Kontaktes mit Nachbarschützen,Tragen von Signalkleidung bzw Signalbändern, etc. Anmerkung: Die Steirische Landesjägerschaft hat „Weidmannsregeln für Gesellschaftsjagden“ herausgegeben, die in den jährlich erscheinenden Publikationen abgedruckt oder über das Internet abrufbar sind.
  • Es ist sicherzustellen, dass die jeweiligen Triebleiter und Ansteller vollständig und umfassend über die einzelnen Triebe informiert sind. Im Zeitalter von „Google Earth“ oder „Goolge Maps“ sollte es auch keine Schwierigkeit darstellen, die einzelnen Triebe samt Triebrichtung und die flankierende Schützenkette auf einem Luftbild einzutragen, das den Triebleitern und Anstellern ausgehändigt wird. Durch vereinbarte Signale (zB Zurufen) unter den Treibern ist sicherzustellen, dass die Treiberkette auf Linie bleibt. Es ist im vorhinein klarzustellen, wie und unter welchen Voraussetzungen eine Nachsuche stattfindet; dies gilt umso mehr, wenn im Trieb geschossen wird.
  • Die Jagdgäste sind vom Jagdleiter bzw Ansteller über die Sammelplätze nach Triebende zu informieren. Die ungefähre Triebdauer sollte – um vorzeitiges (verbotenes) Verlassen des Standes auszuschließen – bekanntgegeben werden.

Zu den Standardbelehrungen jeder Jagdeinweisung gehört der Satz, „Jeder Schütze ist für seinen Schuss verantwortlich“. Dieser Satz gibt nur Selbstverständliches wieder und ist nicht mehr als eine Erinnerung an das, was ohnedies jeder Jäger selbst weiß bzw wissen muss. Eine Entlastung des Jagdleiters von seinen Pflichten ist damit jedoch nicht verbunden.Wie bereits erwähnt, ist diese Aufzählung weder im Gesetz normiert, noch vollständig. Sie soll aber verdeutlichen, dass die Funktion des Jagdleiters eine höchst verantwortungsvolle und wichtige ist. Genaueste Revierkenntnis des Jagdleiters und der von ihm eingeteilten Triebleiter, Ansteller etc ist unbedingt erforderlich. Verletzen der Jagdleiter oder die von ihm eingesetzten Personen ihre Pflichten und ist genau diese Pflichtverletzung ursächlich für einen Jagdunfall, kann dies zur straf- und zivilrechtlichen Haftung auch des Jagdleiters bzw der Jagdgesellschaft führen. Wenn also zB eine erkennbar alkoholisierte Person nicht von der Jagd verwiesen wird und verursacht gerade diese Person einen Jagdunfall, ist eine Mithaftung von Jagdleiter und Jagdgesellschaft anzunehmen.Umgekehrt führt aber natürlich nicht jede Verletzung einer dem Jagdleiter übertragenen Aufgabe gleichzeitig zu dessen Haftung. Überprüft beispielsweise der Jagdleiter die Jagdkarten nicht und wird ein Jagdunfall von einem Jagdgast mit gültiger Jagdkarte verursacht, haftet der Jagdleiter bzw die Jagdgesellschaft trotz dieser Pflichtverletzung nicht. Der Unfall wäre nämlich auch bei ordnungsgemäßer Überprüfung der Jagdkarten passiert.Abschließend ist daher festzuhalten, dass bei Einhaltung der entsprechenden Standards niemand davor Bedenken haben muss, auch in Zukunft die Jagdleitung bei einer Gesellschaftsjagd zu übernehmen. Gut organisierte Jagden und eine entsprechende Einweisung der Jagdgäste und Treiber erhöht nicht nur die Sicherheit, sondern gewährleistet auch einen entsprechenden Jagderfolg.